Menschen verändern durch NewWork? Geht das?

Menschen verändern durch NewWork? Geht das?

Mark Poppenborg postete kürzlich im Blogartikel „New Work was ist wirksam und was nicht“ seines New Work-Netzwerks Intrinsify.me:

„Martens ist verzweifelt. Sinnierend geht er in seinem Büro auf und ab, eine steile Falte auf der Stirn. Er will das Unternehmen seines Vaters moderner aufstellen. Dafür braucht er Mitarbeiter, die mitdenken. Nicht einfach nur Erfüllungsgehilfen. Und ihm ist klar, dass es dafür auch andere Rahmenbedingungen für die Arbeit braucht. Mit New Work, das wusste er, spielte man ganz vorn mit.
Also steht seit kurzem ein Kicker im Pausenraum. Zusätzlich bietet ein Wasserspender jedem Mitarbeiter noch kostenloses Durstlöschen. Und einer seiner Führungskräfte nimmt gerade eine Auszeit von sechs Monaten. Das ist doch was.
Und trotzdem hat Martens das Gefühl, dass sich nichts bewegt. Nicht in den Köpfen der Mitarbeiter. Und auch nicht in der Leistungsfähigkeit der Organisation.“

Und schon war ich am Nachdenken darüber, wie man die Unternehmenskultur umfangreich verändern kann in Richtung New Work, Selbstorganisation, Mitarbeiter als Unternehmer im Unternehmen.

Unternehmenskultur ändern

Ich habe in den letzten 27 Jahren verschiedene Ansätze mit erlebt, die Unternehmenskultur zu ändern. Und das geht weder über schicke Positionspapiere noch über das Aufstellen von Wasserspendern, Kickern und das Angebot von Auszeiten.

Das Entscheidende sind die Menschen. Die Veränderungsnotwendigkeit muss bei ihnen ankommen. Denn Veränderungen sind oft auch schmerzhaft und mit Angst verbunden und wer setzt sich schon gerne freiwillig damit auseinander? Da ist es einfacher, an dem Alten festzuhalten und das Neue erstmal abzulehnen und zu bekämpfen.

Außerdem hoffen manche, das sei nur wieder so ein Hype mit New Work, den das Unternehmen nur macht, um hip und ganz vorne dabei zu sein (so nach aussen halt). Moderne Büroräume, Kicker, Duschen, kostenloses Obst. Aber der Hype würde auch schon wieder irgendwann vorbei gehen. Die Veränderungen in den letzten Jahren wurden ja auch überlebt ohne sich persönlich verändern zu müssen.

Außerdem geht es bei den Veränderungen in Richtung New Work auch um ein neues „Mindset“ also neue Einstellungen zu vielen Themen wie Zusammenarbeit, Entscheidungsfindung, Kompetenzen, Hierarchien, Selbstorganisation.

Muss jeder bei New Work mitziehen?

Ich frage mich oft, ob sich denn jeder Mensch ändern muss und NewWork, SelbstbestimmunDiskette - Altes sichern und bewahreng, Selbstorganisation, flexible Arbeitszeiten, all Leaders, Arbeiten auf Augenhöhe mögen und umsetzen muss. Manche brauchen (oder glauben es zu brauchen, weil sie nichts anderes kennen) geregelte Zeiten und Abläufe, Vorgaben, Priorisierung der Aufgaben durch andere etc. und leisten dafür gewissenhaft täglich ihr Pensum ab.Und andere sind eher impulsgesteuert, wollen mitgestalten, diskutieren und gehen ein, wenn sie immer dasselbe tun müssen. Das DISG-Modell lässt grüßen.

Wenn hinter NewWork ein neues Wertsystem liegt und es ein Angebot ist für Menschen, die das schätzen, dann ist das super. Aber ich kann mir vorstellen, dass viele Veränderungen die Menschen in einer Firma auch spalten.

Beispiel:

Das Forum
Eine Firma schafft ein internes Forum in dem jeder Themen einstellen oder mit anderen diskutieren kann. Ziel ist, intern den Umgang im Rahmen von Social Media zu üben und zu sehen, wie die Mitarbeiter online miteinander und mit anderen Meinungen umgehen und eine Möglichkeit zum Austausch anbieten.Das Forum wird leider von den Führungskräften nicht promotet und selber auch nicht genutzt. Die Kollegen werden auch nicht ermutigt, sich an den Diskussionen zu beteiligen.

Menschen verändern durch NewWork? Geht das?
Einige haben schon lange auf so etwas gewartet, wollen sich austauschen, den Vertrieb mal zu Entwürfen befragen, mal mit dem Vorstand diskutieren oder was auch immer. Und die schreiben dann was. Vermutlich auch mit ein wenig Aufregung, denn es ist ja nicht so Usus, dass jeder sehen kann, welche Meinung, Fragen oder Ideen man hat.
Und dann passiert im Forum NICHTS. Schweigen, kaum eine Reaktion.
Aber auf den Gängen beim Kaffee, da wird geredet.
  • „Sind ja doch immer dieselben, die da was schreiben. Der hat wohl ne Profilneurose oder zuhause nichts zu sagen.“
  • „Ich sag doch nicht öffentlich meine Meinung, so weit kommt es noch.“
  • „Guck mal, hat der schon wieder was geschrieben. Der hat wohl zu wenig zu tun.“ (Meine Lieblingsaussage, denn derjenige, der das sagt muss ja zumindest die Zeit zum Lesen gehabt haben, oder?)
  • „Wie kann man nur so was schreiben, und dann noch mit Rechtschreibfehlern.“. (Hätten sie das System selber mal genutzt, wüssten sie, dass es keine vernünftige Vorschau gibt und man seinen Eintrag später auch nicht mehr ändern kann.).

Was tun?

Nun, ich glaube, man kann nicht alle Menschen ändern und dazu bringen, die Arbeit als Berufung und Familie anzusehen und die neuen Arbeitswelten zu lieben.

Man sollte also mit NewWork-Angeboten nicht glauben, dass man alle Menschen damit erreicht und verändern kann – egal wie gut und wichtig man sie selber findet.

Daher sollte man sich vorher genau überlegen,

  • warum und für wen man etwas verändern möchte (für die Menschen oder für den finanziellen Erfolg oder um neue, gute Arbeitskräfte anzulocken)
  • ob die Menschen in der Firma dafür geeignet sind oder eher nicht
  • ob man als Chef wirklich bereit ist, sein Wertesystem zu ändern, Entscheidungskraft abzugeben, das Zetern einiger Führungskräfte auszuhalten und und und

statt blind auf die Veränderungen zu setzen. Nicht schlecht ist es sicherlich auch, auf die Erfahrungen von entsprechenden Beratern, Changemanagern und anderen Firmen zu setzen, die diesen Weg schon hinter sich haben.